Baulandmobilisierungsgesetz beschlossen
-Das BauGB gibt Gemeinden sehr viele Gestaltungsoptionen!
Am Freitag, dem 7. Mai 2021 hat der Deutsche Bundestag in zweiter und dritter Lesung das Baulandmobilisierungsgesetz endgültig beschlossen. Ich hatte im letzten Jahr häufiger über dieses Gesetzgebungsvorhaben, mit der das Baugesetzbuch (BauGB) und die Baunutzungsverordnung (BauNVO) novelliert werden, berichtet. Nun ist es der SPD-Bundestagsfraktion im zähen Ringen mit dem Koalitionspartner gelungen wesentliche Punkte durchzusetzen, die insbesondere den Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten helfen können, eine bessere Bauland- und Wohnungspolitik umzusetzen.
Nachfolgend erhalten Sie zu Ihrer Information einen Überblick über die wesentlichen Ergebnisse der Reform:
Genehmigungsvorbehalt bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in § 250 BauGB
(eher für große Städte relevant)
Wir schützen Mieter*innen vor spekulativen Umwandlungsmodellen. Wir stoppen das spekulative Geschäftsmodell der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in angespannten Wohnungsmärkten. Diese Umwandlungen sind in vielen Kommunen mit hohem Wohnungsbedarf, insbesondere in den Metropolen und großen Städten ein zentrales Problem des Wohnungsmarktes geworden: Häuser mit Mietwohnungen werden rechtlich in einzelne Wohneinheiten aufgeteilt, diese werden dann verkauft, die Eigentümer*innen machen Eigenbedarf geltend und kündigen die Mietverhältnisse. Preiswerter Mietwohnraum geht verloren und die angestammten Mieter*innen bleiben auf der Strecke. Sie werden aus ihren Wohnungen, aus ihrem Quartier, aus ihrer Heimat verdrängt. Damit soll künftig Schluss sein. Umwandlungen werden nur noch in seltenen Ausnahmefällen möglich sein. Die Union hat eine „Kleineigentümerregel“ zur harten Bedingung für das Gesetz gemacht. Hier sind jetzt die Länder in der Pflicht, diese auszurichten.
Sektoraler Bebauungsplan in § 9, 2d BauGB
(sollte m.E. immer auch ein Thema/Abwägung im B-Plan sein)
In Innenstadtbereichen, in denen kein Bebauungsplan gilt, haben Kommunen derzeit kaum Einfluss darauf, dass bezahlbarer Wohnraum gebaut wird. So entstehen in diesen Gebieten meist teure Luxuswohnungen. Um dieser Entwicklung zu begegnen schaffen wir einen neuen, so genannten sektoralen Bebauungsplan. Mit ihm können die Gemeinden in diesen Gebieten bestimmen, dass dort mindestens ein bestimmter Anteil an geförderten Wohnungen entstehen muss.
Innenentwicklungskonzepte und Baugebot in § 176a BauGB
(häufig ein Problem in unseren Innenbereichen, priv. Baugrundstücke sind nicht verfügbar)
Wenn Grundstücke aus Spekulationsgründen brachliegen gelassen werden, können Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt künftig Eigentümer*innen mit einem Baugebot einfacher verpflichten, dort Wohnungen zu bauen. Wenn die Eigentümer*innen nicht bauen wollen, kann die Stadt schon jetzt das Grundstück übernehmen, um selbst zu bauen. Mit der Novelle ermöglichen wir, dass die Gemeinde das Grundstück auch zugunsten einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft übernehmen kann, die dann dort baut.
Stärkung des Vorkaufsrechtes in §§ 24 und 25 ff. BauGB
(hiermit sollten Gemeinden selbstbewusster umgehen)
Wir stärken die Städte auch beim Vorkaufsrecht. Steht ein Grundstück zum Verkauf an, kann die Gemeinde es direkt zum Verkehrswert erwerben, bevor es auf den Markt kommt. Insbesondere in angespannten Wohnungsmärkten wird die Ausübung erleichtert. Besteht ein Mangel an Wohnraum, so sind sie künftig besser in der Lage, das Instrument anzuwenden. Auch gegen verwahrloste Grundstücke und städtebauliche Missstände (Schrottimmobilien) können Städte zukünftig mit dem Vorkaufsrecht vorgehen. Sie können so Bauland leichter erwerben und für den Bau bezahlbarer Wohnungen bereitstellen. Ein bodenpolitischer Meilenstein des Gesetzes: Alle Kommunen werden künftig das Vorkaufsrecht preislimitiert zum Verkehrswert ausüben können. Bisher mussten Gemeinden sich spekulativen Vorstellungen über die Preisentwicklung beugen. In der Praxis lief das kommunale Vorkaufsrecht daher oft ins Leere. Mit der Preislimitierung bremsen wir auch die Preisspirale bei Grund und Boden insgesamt.
Wir werden durch Erleichterungen im Verfahren den Wohnungsbau insgesamt beschleunigen. Speziell für den Bau neuer Wohnungen wollen wir es erleichtern, von bestimmten starren Vorgaben abzuweichen (Einfügen in die nähere Umgebung, Obergrenzen der baulichen Nutzung, alte Bebauungspläne). Damit erleichtern wir vor Ort flexible Lösungen für Nachverdichtungen, also z. B. die Schließung von Baulücken, den Ausbau von Dachgeschossen oder den Bau von mehr Stockwerken. Die Aufhebung von Bebauungsplänen wird künftig im beschleunigten Verfahren möglich sein, um die Schaffung von Wohnraum zu erleichtern.
Vereinfachte Befreiungen in § 31 BauGB
Eine weitere Erleichterung sind die Möglichkeiten zur Befreiung von Bebauungsplänen, die dem zügigen Wohnungsneubau entgegenstehen. Demnach können künftig die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung eine Befreiung rechtfertigen. So lässt sich eine oft aufwändige und mehrere Jahre dauernde Änderung des Bebauungsplans vermeiden.
Dörfliches Wohngebiet – Neue Kategorie in der BauNVO
(sehr interessant für Gemeinden mit landwirtschaftlichen Betrieben in der Ortslage)
Um das Nebeneinander von Wohnen und landwirtschaftlichen Betrieben und gewerblicher Nutzung in Dörfern zu erleichtern, führen wir für ländliche Räume mit dem „Dörflichen Wohngebiet“ eine neue Gebietskategorie zur Stärkung der Dorfkerne ein. Schon in der vergangenen Legislaturperiode hatten wir die neue Gebietskategorie „Urbanes Gebiet“ geschaffen, die für diese Bereiche Verbesserungen gebracht hat.
Verlängerung der Anwendung des § 13b BauGB bis Ende 2022
(wahrscheinlich letztmalige Chance auf einen genehmigungsfreien Bebauungsplan)
Um die Baulandmobilisierung im Außenbereich zu erleichtern, wurde die Verlängerung des § 13 b BauGB durchgesetzt, der ursprünglich als Sonderregelung für einen vereinfachten Wohnungsbau für Flüchtlinge in 2016 gedacht war. Das wird fachlich als kritisch angesehen, da diese Regelung der Zielsetzung der Eindämmung von Flächenverbrauch entgegensteht und der Prämisse Innen- vor Außenentwicklung widerspricht.
Sollten Gemeinden einen örtlichen Bedarf nach Baugrundstücken haben, wird dringend ein Aufstellungsbeschluss bis zum Stichtag 31.12.2022 erforderlich. Das Verfahren muss bis zum 31.12.2024 abgeschlossen sein! Ein Parallelverfahren für die Änderung des FNP ist zunächst nicht erforderlich.
Sofern Gemeinden den Bedarf nach weiteren Baugrundstücken (einem kleinen Baugebiet bis max. 10.000qm) haben, dann ist dies wirklich eine letztmalige Chance! Ich werde bei meinen Kontakten mit den Gemeinden sehr häufig auf die Schwierigkeiten bei Erschließungsprojekten angesprochen, deswegen stelle ich dies hier so deutlich dar. Oder noch direkter: Fragen Sie im Januar 2023 bitte nicht um Unterstützung bei der Ausweisung von Baustellen, dann ist diese beschriebene Option verfallen! 😉
Bild: pixabay
Mehr Informationen:
(C: Nico Steinbach, MdL, mit Material der Bundes SGK)